Schwierig, aber wichtig – die Beantragung des Pflegegrades
Der Gesetzgeber bietet eine genaue Definition der Personengruppe, die pflegebedürftig ist. Dazu zählen Personen mit körperlichen, psychischen oder kognitiven Beeinträchtigungen, sowie alle Personen die gesundheitlich bedingte Anforderungen oder Belastungen nicht aus eigener Kraft ausgleichen oder bewältigen können.
Unterhalb dieser klaren Definition gibt es jedoch die Notwendigkeit, die Schwere der Behinderung abzuklären. Dies geschieht durch eine Einteilung in Pflegestufen. Die Einteilung ist wichtig, weil von ihr die Höhe der staatlichen Unterstützung abhängt. Eine fehlende oder zu niedrige Einstufung führt also zu Problemen. Es gibt fünf Pflegegrade, wobei der erste Grad logischerweise nur leichte Defizite kompensieren muss. Verglichen mit den anderen Graden fällt die Unterstützung bescheiden aus. Pflegegrad fünf betrifft Personen mit schwerster Beeinträchtigung der Selbständigkeit – was auch für die Stufe vier zutrifft – allerdings fallen in Stufe bzw. Pflegegrad fünf noch besondere Anforderungen an die Versorgung an.
Die Einstufung wird durch den Medizinischen Dienst (MDK) vorgenommen und wird durch die Pflegekasse amtlich bestätigt.
Um sich einen ersten Überblick zu verschaffen, kann man auf Angebote im Internet zurückgreifen. Allerdings sollte klar sein, dass die dort verfügbaren Pflegegradrechner nur über den berühmten Daumen peilen können.
Der erste Schritt ist der schwerste
Kein Mensch will pflegebedürftig sein. Zumindest in den meisten Fällen wehrt sich eine Person gegen diese Erkenntnis. Für Familienangehörige ist der schleichende Prozess des Verfalls oft nicht zu bemerken, denn sie sind es, die die Defizite kompensieren. Bei einem Unfall oder einer plötzlichen Erkrankung kann die Pflegebedürftigkeit innerhalb kürzester Zeit eintreten. In den anderen Fällen ist die Bereitschaft, sich auf diese Erkenntnis einzulassen, wichtig. Der Hausarzt oder der Sozialdienst eines Krankenhauses kann eine erste Einschätzung über die mögliche Pflegebedürftigkeit abgeben.
Die weiteren Schritte
Nur der Pflegebedürftige kann, als nächsten Schritt, einen Antrag auf Pflegeleistung stellen. Er muss ihn auch persönlich unterschreiben. Adressat des Antrags ist die Pflegekasse, wobei diese meist mit der zuständigen Krankenkasse identisch ist. Das betrifft auch die Adresse. Der Antrag kann schriftlich, telefonisch oder persönlich gestellt werden. Der formlose schriftliche Antrag sollte das Mittel der Wahl sein, denn hier hat man einen Beleg.
In den meisten Fällen wird die Pflegekasse ein Formular zuschicken, mit dem man sich schon einige Mühe geben sollte. Schon hier sind wichtige Entscheidungen zu treffen, beispielsweise darüber, ob man Sachleistungen – einen Pflegedienst – oder Kombipflege oder Pflegegeld in Anspruch nehmen will. Es gibt Hilfsangebote, um das Ausfüllen zu erleichtern. Pflegedienste bieten meist diese Dienstleistung an.
Unangenehm, aber notwendig – das MDK-Gutachten
Wenn sich der Gutachter angekündigt hat, sollten alle medizinischen Unterlagen bereit liegen. Am besten kopiert, damit der Gutachter sie mitnehmen kann. Es ist nie verkehrt, sich bei dem Termin Unterstützung durch einen Mitarbeiter eines Pflegedienstes zu sichern. Ebenso vorteilhaft: ein Pflegetagebuch führen, in dem besonders die notwendigen Hilfen notiert werden.
Der Gutachter ist bei seinem Hausbesuch an das „Neue Begutachtungsassessment“ (NBA) gebunden. Es werden sechs verschiedene Module innerhalb des täglichen Lebens bewertet, von der Mobilität bis zur Alltagsbewältigung und sozialen Kontakten.
Auf Grundlage der Einstufung des Gutachters erteilt die Pflegekasse einen Bescheid über Ablehnung oder Erteilung eines Pflegegrades. Theoretisch muss der Bescheid innerhalb von 25 Arbeitstagen ankommen, sonst muss die Pflegekasse 70 Euro pro Woche Fristüberschreitung zahlen. Bis Ende 2017 ist diese Regelung allerdings aufgehoben.
Dem Antragsteller bleiben nun die Alternativen, den Bescheid der Pflegekasse anzuerkennen oder Widerspruch einzulegen. Wichtig im Falle des Widerspruchs ist, das MDK-Gutachten vor Augen zu haben und es mit einem Fachmann auf richtige Erfassung aller Module zu überprüfen.
Wurde ein Pflegegrad genehmigt – oder eine höhere Einstufung – beginnt die Zahlung rückwirkend mit dem Monat der Antragstellung. Daher noch einmal der Hinweis: Alles schriftlich.
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